Thema des Forschungsgutachtens
„Die zukünftige Vernetzung bankbasierter Unternehmensfinanzierung in Deutschland mit den internationalen Kapitalmärkten“
Ausgangssituation
- Die Unternehmensfinanzierung in Deutschland, insbesondere im Mittelstand, weist nach wie vor einen hohen Grad an Bankenabhängigkeit auf.
- Hierfür gibt es vielfältige Ursachen:
- Dem inländischen Kapitalmarkt fehlt es im internationalen Vergleich nach wie vor an Größe und Liquidität.
- Das Altersvorsorgesystem ist nur in geringem Umfang kapitalmarktorientiert ausgelegt.
- Kleinteilige Strukturen vieler mittelständischer Unternehmen erschweren Kapitalmarktzugang.
- Eigentümer- und Governancestrukturen sind in vielen Unternehmen nicht kapitalmarktorientiert ausgerichtet.
- Mit den umfangreichen Reformen der europäischen Finanzmarktarchitektur sowie unter Berücksichtigung der Niedrigzinsphase haben sich die Umfeldbedingungen erheblich verändert.
- Hinzu kommen die erheblichen Auswirkungen der Corona-Krise auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und damit auch auf die Unternehmensfinanzierung
Fragestellungen des Forschungsgutachtens
- Wie hat sich die Bankfinanzierung in Deutschland in den letzten Jahren entwickelt und wie wird sie sich weiterentwickeln? Welche Rolle spielen Nicht-Banken in der Kreditfinanzierung?
- Welchen Finanzierungsbedarf haben mittelständische Unternehmen, insbesondere auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen?
- Welchen Einfluss wird der veränderte regulatorische Rahmen auf die Mittelstandsfinanzierung haben?
- Welche Potentiale könnte eine verbesserte Vernetzung der bankbasierten mit einer kapitalmarktbasierten Unternehmensfinanzierung entfalten?
- Welche Lehren sind aus der Corona-Krise im Hinblick auf die Unternehmensfinanzierung zu ziehen?
Projektorganisation
Vorstellung des Forschungsgutachtens
Das Forschungsgutachten ist am 31. März 2021 fertiggestellt worden.
Die Vorstellung des Gutachtens hat in Zusammenarbeit mit dem DIHK am 12. April 2021, von 18:00 – 19:30 Uhr, im digitalen Format über eine Microsoft Teams Konferenz stattgefunden.
In dem Gutachten beleuchten die Autoren, Herr Prof. Dr. Horst Gischer von der Universität Magdeburg und Herr Prof. Dr. Christoph Kaserer von der TU München, die aktuelle Situation der Mittelstandsfinanzierung in Deutschland, wie sie sich insbesondere vor dem Hintergrund der umfassenden Finanzmarktreformen der letzten Dekade und im Angesicht des durch die Covid19-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Abschwungs darstellt.
Die Autoren sind bei der Erstellung des Forschungsgutachtens insbesondere den folgenden Fragestellungen nachgegangen:
- Wie hat sich die Bankfinanzierung in Deutschland in den letzten Jahren entwickelt und wie wird sie sich weiterentwickeln? Welche Rolle spielen Nicht-Banken in der Kreditfinanzierung?
- Welchen Finanzierungsbedarf haben mittelständische Unternehmen, insbesondere auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen?
- Welchen Einfluss wird der veränderte regulatorische Rahmen auf die Mittelstandsfinanzierung haben?
- Welche Potentiale könnte eine verbesserte Vernetzung der bankbasierten mit einer kapitalmarktbasierten Unternehmensfinanzierung entfalten?
- Welche Lehren sind aus der Covid19-Pandemie im Hinblick auf die Unternehmensfinanzierung zu ziehen?
Die Kurzzusammenfassung des Forschungsgutachtens beinhaltet die zentralen Erkenntnisse und Empfehlungen der Autoren.
Das Forschungsgutachten stellt somit eine wichtige Bestandsanalyse und Diskussionsgrundlage dar, um der zentralen Frage, in welchem Ausmaß und unter welchen regulatorischen Voraussetzungen die Vernetzung der bankbasierten Unternehmensfinanzierung mit den internationalen Kapitalmärkten gewährleistet werden kann, nachgehen zu können.
Herr Dr. Martin Worms, Staatssekretär im Hessischen Finanzministerium, hatte in seinem Eröffnungsvortrag deutlich gemacht, dass der Mittelstandsfinanzierung Brücken für alternative Finanzierungswege jenseits der klassischen Bankfinanzierung gebaut werden müssen. In der darauffolgend von Herrn Dr. Volker Treier, Außenwirtschaftschef und Mitglied der Hauptgeschäftsführung des DIHK, moderierten Podiumsdiskussion haben die Autoren des Gutachtens zusammen mit Frau Hiltrud Thelen-Pischke, Regulierungsexpertin und Mitglied im Vorstand der Stiftung Kapitalmarktforschung, und Herrn Ralf Brunkow, CFO der WiBu Gruppe und Mitglied im Vorstand der Stiftung Unternehmensfinanzierung, über die Inhalte des Gutachtens diskutiert und konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Auf die Frage, welche Rolle die Verbriefung in diesem Kontext spielen kann, führte Herr Prof. Kaserer aus: „Das Marktumfeld für Verbriefungen muss stimmen, d. h. es muss mehr Liquidität in die Verbriefungsmärkte fließen, damit die Vernetzung funktioniert. Hier liegt der Schlüssel in der Stärkung der Refinanzierungsmöglichkeiten via ABCPs im Sicherheitenrahmenwerk des ESZB, d. h. bei der Zentralbankgeldbeschaffung.“
Auch Herr Prof. Gischer ging bei der Vorstellung des Gutachtens auf das Potential der Verbriefung ein, allerdings schätzt er die vorherrschenden Rahmenbedingungen tendenziell verhalten ein: „Eine offensivere Investitionstätigkeit in die Verbesserung der langfristigen Produktions- und Wettbewerbsbedingungen könnte auch einen deutlich erhöhten Fremdfinanzierungsbedarf im Unternehmenssektor induzieren, zu dessen Deckung Verbriefungen durchaus beitragen können. Bei den gegenwärtig noch historisch niedrigen Zinsen sowie den hohen Liquiditätsbeständen im Bankensektor sind die Voraussetzungen für erfolgreiche Transaktionen außerhalb des bisher üblichen Rahmens trotz inzwischen erkennbar positiver Weichenstellungen auf europäischer Ebene allerdings bei Weitem noch nicht optimal.“
Frau Thelen-Pischke zeigte sich ebenfalls darüber besorgt, dass durch zusätzliche regulatorische Anforderungen die Kosten der Banken steigen und somit die Kreditvergabe an insbesondere kleinere Mittelständler als nicht mehr lohnend erachtet werden könnte: „Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung sowie Klimaschutz u. ä. treiben die operativen Kosten in der Mittelstandsfinanzierung immer weiter in die Höhe. Damit Sparkassen und Banken mit KMU noch auskömmliche Erträge erwirtschaften können, brauchen sie Entlastungen bei den Eigenmittelanforderungen. Hier hilft insbesondere eine stärkere Vernetzung der Bankbilanzen mit den internationalen Kapitalmärkten über Verbriefungen.“
Herr Brunkow gab grundsätzlich zu bedenken, dass die Kapitalmarktunion weite Teile des deutschen Mittelstandes aufgrund der nicht vorhandenen Kapitalmarktintegration außen vor lässt: „Die kapitalmarktbasierte Unternehmensfinanzierung direkt auf den Mittelstand ausrollen zu wollen, widerspricht der Unternehmenswirklichkeit in Deutschland, welche auch sehr stark von der individuellen Steuersituation bestimmt ist. Daneben nutzen beispielsweise mittelständische Zulieferer in Wertschöpfungs- bzw. Lieferketten die Möglichkeit der Betriebsaufspaltung, um ihr Anlagevermöge und getätigte Investitionen (Hold-up) besser vor marktmächtigen Kunden schützen zu können. Die operative Betriebseinheit ist dann aber mehr oder weniger eine reine Hülle ohne unmittelbare Substanz und damit kaum kapitalmarktfähig. Für diese Unternehmen bleiben die regionalen Kreditinstitute – oft Sparkassen oder Genossenschaftsbanken - die natürlichen Finanzierungspartner.“
Herr Hans W. Reich, langjähriger Bankmanager, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der KfW und Vorstand der Stiftung Kapitalmarktforschung appelliert auch an die Politik: „Der Gesetzgeber muss sich fokussieren auf die Schaffung der Rahmenbedingungen für ein hohes Maß an Transparenz, denn das schafft Vertrauen. Diese Transparenz muss alle Marktteilnehmer betreffen, insbesondere auch die Originatoren, Arrangeure und Verkäufer von Verbriefungen wie auch von anderen Finanzmarktprodukten. Aber gleichzeitig darf die Regulierung nicht überzogen sein und die Übernahme von Risiken durch Investoren ermöglichen, das ist integraler Bestandteil von funktionierenden Kapitalmärkten.“
Im Rahmen der Vorstellung des Gutachtens wurde klar herausgearbeitet: Die COVID19-Pandemie hat das Zeug, sich zu einer Bewährungsprobe der neuen Aufsichtsarchitektur zu entwickeln. Darüber hinaus hat die Krise das Potential, die bislang durch billiges Geld und den geringen Investitionsbedarf verdeckten Schwachstellen des deutschen Finanzierungsmodells offenzulegen. Von daher kann zusammenfassend festgestellt werden, dass Herr Prof. Gischer und Herr Prof. Kaserer mit ihrem Gutachten einen hervorragenden Überblick über die Thematik und die damit verbundenen Zukunftsherausforderungen geben.
Agenda
Montag, 12. April 2021
17.50 Uhr | Einwahl |
18.00 Uhr | Begrüßung durch den Moderator |
18.10 Uhr | Impulsvortrag |
18.30 Uhr | Präsentation des Gutachtens durch die Autoren |
18.50 Uhr | Podiumsdiskussion und Publikumsfragen |
19.25 Uhr | Zusammenfassung und Verabschiedung |
Zeitraum
Februar 2020 bis Februar/ März 2021
Zum Forschungsgutachten
folgt in Kürze